3. Reformstufe tritt am 01.01.2020 in Kraft

Am 25.11.2019 sprach Annett Löwe (wiss. Referentin des Projektes Umsetzungsbegleitung Bundesteilhabegesetz) auf Einladung des Vorstandes des SHV – FORUM GEHIRN e.V. im Rahmen einer Telefonkonferenz über die zum 01.01.2020 anstehende 3. Reformstufe dieses Gesetzes. Hier die wichtigsten Punkte, die insbesondere Menschen betreffen, die Leistungen der Eingliederungshilfe (bisherige §§ 53, 54 SGB XII) erhalten.

  1. Veränderungen bei der Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen

Ab dem 01.01.2020 wird die Eingliederungshilfe aus dem Fürsorgesystem des SGB XII herausgelöst. Das bedeutet, dass man künftig nicht mehr sozialhilferechtlich bedürftig sein muss, um einen Anspruch auf Eingliederungshilfe zu haben. Die Grenzen für die berücksichtigungsfähiges Einkommen und Vermögen werden deutlich angehoben und Partnereinkommen wird nicht mehr berücksichtigt.

Das System ist unter diesem Link kurz dargestellt.

Allerdings muss beachtet werden, dass für andere Leistungssysteme andere Grenzen gelten. Wenn etwa parallel Leistungen der Hilfe zur Pflege benötigt werden, gelten die o.g Grenzen nur, wenn der Leistungsberechtigte bereits vor seinem Renteneintrittsalter Leistungen der Eingliederungshilfe beantragt hatte, § 103 Abs. 2 SGB IX.

Werden parallel zur Eingliederungshilfe Leistungen der Grundsicherung benötigt, weil die eigenen Einkünfte das Existenzminimum nicht erreichen, gelten weiterhin die Einkommens- und Vermögensgrenzen des jeweiligen Grundsicherungssystems (SGB XII oder SGB II)

  1. Trennung der Komplexleistung Eingliederungshilfe in Fachleistungen und existenzsichernde Leistungen

Leistungen der Eingliederungshilfe müssen künftig eigens beantragt werden. Die zuständige Behörde und das dort verwendete Bedarfsermittlungsinstrument kann man auf folgender Seite ermitteln, indem man die jeweilige Länderseite anklickt:

https://umsetzungsbegleitung-bthg.de/gesetz/umsetzung-laender/

Die Leistungstrennung wirkt sich vor allem für Bewohner/innen bisheriger stationärer Einrichtungen der Eingliederungshilfe aus und Beschäftigte in WfbM aus. Dort fallen künftig Kosten für z.B. Lebensmitteleinkauf an. Die Einkünfte des Leistungsberechtigten (Renten, Grundsicherung) werden künftig auf dessen eigenes Konto überwiesen und er/sie muss dann (wie jeder andere Mensch) Wohnkosten und Kosten, die nicht Bestandteil der eigentlichen Fachleistung sind, selbst begleichen.

Für das Mittagessen in der WfbM und anderen tagesstrukturierenden Maßnahmen (z.B. Tagesförderstätten) kann ein Mehrbedarf beim Grundsicherungsträger beantragt werden.

  1. Rentenlückenproblematik

Mit der Umstellung zum 01.01.2020 entsteht für Bewohner/innen bisheriger stationärer Einrichtungen der Eingliederungshilfe , die eine Alters-oder Erwerbsminderungsrente beziehen, ein besonderes Problem: bislang wurden diese Renten direkt an den Träger der Eingliederungshilfe übergeleitet Diese Überleitungen werden zum 01.01.2020 beendet .

Alle Zahlungen der Rentenversicherer, die bis zum 31.12.2019 geleitet werden, gehen noch an den EGH-Träger über. Dabei handelt es sich teilweise um vorschüssige Renten (das Geld ist für den Monat Januar 2020 bestimmt) und teilweise um nachschüssige Renten (Das Geld ist für den Monat Dezember 2019 bestimmt).

Um im Januar die Kosten für Miete und Existenzsicherung zahlen zu können, steht dann entweder im Monat Januar gar kein Geld zur Verfügung oder es wird erst am Monatsletzten gezahlt. Um dieses Problem zu beheben wurde mit dem jüngst verabschiedeten SGB IX-XII-Änderungsgesetz geregelt, dass Renten, die im Monat Januar für Januar gezahlt werden, nicht auf die (ergänzende) Grundsicherung angerechnet werden, sondern beim Leistungsberechtigten verbleiben kann.

Menschen, die eine auskömmliche Rente erhalten (also nicht ergänzend auf Grundsicherung angewiesen sind), die allerdings Ende Dezember 2019 für den Monat Januar gezahlt wird, haben im Januar ebenfalls eine Finanzierungslücke, denn am Monatsletzten wird ja bereits die Februar-Rente gezahlt wird.

Diese Betroffenen erhalten einen einmaligen Zuschuss vom Grundsicherungsamt für den Monat Januar 2020. Allerdings müssen sie diese Finanzierungslücke rechtzeitig beim Sozialamt melden, auch und gerade wenn sie vorher nie mit dem Sozialamt (Grundsicherungsträger) zu tun hatten und danach voraussichtlich nichts damit zu tun haben werden.

Ein Antrag im Februar (also, nachdem man die Rechnungen bekommen hat), dürfte verspätet sein.

Weitere leicht(er) verständliche Informationen gibt es hier:

https://www.lebenshilfe.de/informieren/wohnen/checkliste-zum-bundes-teilhabe-gesetz/

Quelle: Annett Löwe (wiss. Referentin des Projektes Umsetzungsbegleitung Bundesteilhabegesetz)

Bundesteilhabegesetz (BTHG) – Wichtige Neuerungen